Geschichte der Emailleschilder
Entwicklung der Emailleschilder in den letzten 100 Jahren



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In der ersten Hälfte des 20. Jahrhundert beherrschten Emailleschilder die Fassaden der Geschäftshäuser, flankierten Straßen und Eisenbahnlinien. Zwar war die Technik des Emaillierens von Edelmetallen mit farbigem Glas, denn nichts weiter ist Emaille, seit der Antike bekannt, doch gelang es erst mit dem heraufziehenden Zeitalter der Industrialisierung Mitte des 19. Jahrhundert, auch Eisenbleche so zu behandeln, daß die Emailleschicht während des Brennvorganges, bei dem Temperaturen bis zu 1000 °C erreicht werden, nicht sofort wieder vom Trägermaterial abplatzte. Etwa zeitgleich setzte auch eine Entwicklung im Bereich der Konsum- und Luxusartikel ein, die zur Prägung von Markenartikeln wie Maggi, Dr. Oetker, Persil, Erdal und anderen bis heute geläufigen Produktnamen führten. Um dem Konsumenten die Werbebotschaft mit bunten Farben marktschreierisch immer wieder einzuhämmern und zugleich auf die über Jahre garantierte immer gleich hohe Qualität der Ware hinzuweisen, bot sich das Emailleschild in geradezu idealer Weise an. Zudem waren die Herstellungskosten für damalige Verhältnisse enorm hoch, so daß hierdurch indirekt suggeriert wurde, daß der Auftraggeber ein sehr hohes Vertrauen in die Güte seines beworbenen Produktes hatte, um das Risiko dieser Investitionen auf sich zu nehmen.

So entwickelte sich in den 1890'er Jahren langsam ein neuer Zweig der Reklame, der im Gegensatz zu heute auf die Stabilität von beworbenem Artikel und Konsumverhalten setzte. Gerade Marktführer wie Nestlé, Maggi und Henkel erkannten sehr früh die verkaufssteigernde Wirkung der Emaillereklame und überzogen mit ihren Schildern flächendeckend das Land bis hin zum kleinsten Tante Emma Laden. Zunächst waren es reine Schriftschilder, die zwei- oder dreifarbig ihre Werbebotschaft ausriefen. Relativ schnell kamen jedoch auch Produktabbildungen in vergrößerter Form hinzu, häufig mit dem Hinweis versehen, daß man Plagiate, die es auch schon vor hundert Jahren von besonders erfolgreichen Produkten gab, "auf's Schärfste ablehnen" solle. Auch figürliche Darstellungen, zum Beispiel von Kindern als Zielgruppe für Kakao und Schokolade, finden sich seit der Jahrhundertwende zunehmend auf den Emailleplakaten. Wurden Emailleschilder vor dem Ersten Weltkrieg noch teilweise sehr aufwendig von Hand und nur in kleineren Auflagen hergestellt, fand die teilweise auch abfällig Blechpest genannte Emaillereklame seinen Höhepunkt in den 20'er und 30'er Jahren. Die zunehmende Rationalisierung in der Herstellung ging mit Auflagen einzelner Schilder einher, die in die Zehntausende reichten.

Eine Ikone unter den Emailleschildern dieser Zeit ist sicher die "Weiße Dame" von Persil, deren Entwurf von Kurt Heiligenstaedt auf das Jahr 1922 zurückdatiert. Hier findet die Verschmelzung von Eigenschaften wie strahlender Weiße und Frische mit dem Waschmittel in perfekter Weise statt. Kein Wunder also, wenn gerade dieses Emailleschild als das populärste unter den Schilder-Liebhabern gilt. Der Zweite Weltkrieg bereitete diesem Industriezweig - es gab in den 30'er Jahren über 300 Emaillierwerke allein in Deutschland - ein jähes Ende. Seit den 50'ern wurde das Emailleschild, teilweise wegen der im Vergleich zum Papierplakat viel höheren Produktionskosten, vornehmlich aber aufgrund der veränderten Gegebenheiten eines amerikanisierten, schnellebigen Konsummarktes aus dem Straßenbild fast vollständig verdrängt. Erst im Zuge einer Nostalgiewelle seit Anfang der 90'er Jahre gelangen wieder einige an die Häuserwände, die in ihrer Qualität jedoch nur ein billiges Imitat ihrer 70 bis über 100 Jahre alten Vorbilder sind.

Unter Sammlern sind solche Emailleschilder von besonderem Interesse, die herstellungsbedingt eine gewölbte Form haben. Hierdurch wird die Dreidimensionalität, die auch schon durch die in verschiedenen Brennvorgängen nacheinander aufgebrachten Farben entsteht (das sogenannte Schablonierverfahren), noch zusätzlich unterstrichen. Andere Emailleschilder sind flach oder haben einen um etwa einen Zentimeter umgeknickten Rand, was insbesondere bei großformatigen Schildern zum Erreichen einer erhöhten Stabilität gemacht wurde. Diese Exemplare sind allerdings bei gleichem Motiv nicht so attraktiv wie die gewölbte Version. Eine Sonderform des Emailleschildes ist das sogenannte Türschild, welches häufig eine kleine Ausgabe eines großen Emailleschildes ist oder das Produkt nochmals in seiner Gänze darstellt. Seinerzeit wurden sie zum Anbringen an der Eingangstür oder am Ladentresen ausgegeben, sozusagen als letzte kleine Erinnerung, daß beworbene Produkt beim Einkauf nicht zu vergessen. Interessanterweise sind diese Miniaturen gerade in den letzten Jahren deutlich in ihrem Sammlerwert gestiegen.

Der Wert eines Emailleschildes richtet sich nach der Herstellungstechnik, dem Motiv, dem Produkt, welches beworben wird - hier sind besonders noch heute bekannte Namen gesucht, der Art der Herstellung, dem Alter und nicht zuletzt nach dem Erhaltungszustand. So kann ein Emailleschild in perfekter Erhaltung für mehrere Tausend Mark gehandelt werden, wohingegen das gleiche Schild in einem sehr schlechten Zustand kaum mehr Hundert wert ist. Der Preis für das Gros der meisten Emailleschilder bewegen sich bis zu etwa DM 500,-, bei farbenfrohen attraktiven Motiven, die das Schild beherrschen, kann der Sammelwert aber schnell vierstellige Summen erreichen. Wenige, absolute Spitzenschilder, die bei den großen Auktionshäusern Europas mittlerweile schon wie Kunstgegenstände verauktioniert werden, haben in einzelnen Fällen erst jenseits der 100.000 Mark einen Zuschlag erhalten.


Ausführung der Emailschilder

Formen von Emailleschildern

Der Großteil der Emailschilder wurde in rechteckiger Ausführung hergestellt. Ovale und kreisrunde Schilder kommen mit einem Anteil von geschätzten 10-15 % vor. Profilierte Schilder sind fertigungstechnisch aufwändiger und kommen eher selten vor.

Maße der Emailschilder

Emailleschilder werden in vielen Ausführungen und Formen hergestellt. Schubladen- und Nummernschildern, wie z.B. an Apothekerschränken zählen zu dem kleinesten Emailleschildern mit Maßen um 2 x 5 cm. Die gängigen Größen für Hinweisschilder bewegen sich bei den Maßen 20 x 30 cm bis 30 x 40 cm. Typische Beispiele sind die Hinweisschilder in Kraftwagenhallen. Hausnummern haben in der Regel die MAße 10 x 12 cm oder einstellige 10 x 10 cm. Bei Reklameschildern unterscheidet man zwischen den sogenannten Türschildern und den Fassadenschildern. Türschilder wurden außen an Ladentüren direkt über der Klinke angebracht, so mußte der Kunde bei jedem Einkauf davon Notiz nehmen. Die Maße liegen üblicherweise bei ca. 8 x 18 cm. Seltener sind sogenannte Türstreifen mit MAßen von 12 x 70 cm, die üblicherweise auf Ladentüren oder direkt an der Ladentheke angebracht wurden.

Weit häufiger sind die Außenschilder, die in verschiedensten MAßen angefertigt wurden. Häufige MAße sind 33 x 50 cm und 40 x 60 cm, die klassischen Formen für den Sammler. Häufig wurden an Bahnstrecken und Autostraßen große Emailplakate eingesetzt - hier lag das übliche MAß bei 80 x 120 cm, meist als abgekantete Schilder ausgeführt.



Profile der Emailschilder

Schilderform, Profil, Ausführung, Art Folgende Ausführung des Schilderprofils sind üblich:
  • flach
  • abgekantet
  • gewölbt / bombiert
  • gesickter Rand
  • gebördelter Rand
Die Bleche werden aus optischen Gründen (Erhabenheit des Schildes) und aus Stabilitätsgründen wie oben beschrieben verformt.


Die Herstellung der Emailschilder

Emaille

E|mail|le [emaljə oder ema:jə f. ] (meist) farbiger Glasfluss, der auf Metall aufgetragen wird (zum Schutz oder als Schmuck); Syn. Schmalt [<frz. émail <altfrz. esmail Schmelzglas, Schmelz“, zu fränk. *smalt Schmelz“]

Grundsätzlich werden die Emailschilder in klassischer Handarbeit hergestellt. Der treffende Begriff für diese Art der Herstellung ist die Manufaktur. Durch die Handarbeit erhalten die Emailschilder ihre einmalige Ausstrahlung und werden zu Unikaten, die nicht mit industriell hergestellten Produkten verglichen werden können.

Es werden grundsätzlich 2 verschiedene Herstellungsverfahren unterschieden. Aufgrund der Auflage und des Detailreichtums kann zwischen Siebdruckverfahren und Schabloniertechnik gewählt werden. Durch die Auswahl dieser zwei Herstellungsverfahren können Einzelanfertigungen und Kleinserien, aber ebenso Großserien realisiert werden.

Schabloniertechnik

Das Spezifische dieser ausschließlich von Hand durchgeführten Technik ist, dass mittels individuell angefertigter Klischees bzw. Schablonen einzelne Farben und Motive nach und nach aufgetragen werden. Diese Technik bedingt das reliefartige Hervorstehen der unterschiedlichen Farben und Motive und verleiht den so gefertigten Schildern die nostalgische und einzigartige Ausstrahlung. Insbesondere für die Erstellung einzelner Schilder mit einfacheren Motiven, wie z. B. Hausnummern und Straßenschilder bietet sich dieses Verfahren an. Die Grundform dieser Schilder ist beliebig: eckig, oval und rund sowie gewölbt oder flach.

Siebdruckverfahren

Bei diesem Verfahren wird das Motiv fotografiert und der mit dem Motiv belichtete Film auf ein Drucksieb übertragen. Mit diesem Drucksieb wird dann die Deckemailschicht aufgetragen und anschließend eingebrannt. Dieser Herstellungsprozess eignet sich für feine und detailreiche (fein gerasterte) Motive und ist somit auch durch die aufwändigere Vorarbeit für mittlere und große Auflagen geeignet. Die Grundform der Schilder ist auch hierbei wie bei der Schabloniertechnik frei wählbar.

Vorteile des Emailwerkstoffes

Farbenfroh und farbbeständig

Beim Einbrennen der Farben bei über 800 Grad wird eine glasharte und glasklare Oberfläche erzeugt, die zu keiner Verwitterung durch Umwelteinflüsse führt. Die Farbbrillanz bleibt unvergänglich. Weder UV-Strahlung noch aggressive Atmosphäre in Industrieregionen (saurer Regen) greifen die Oberfläche der Emailschilder an und die salzhaltige Luft der Nordsee selbstverständlich auch nicht. Vergilben und Vergrauen ist garantiert ausgeschlossen.

2. Formstabil und kratzfest

Die Materialkombination als Verbundwerkstoff von Stahl und Silikaten, also Stahl und Glas, verleiht den Emailschildern eine höchste Formstabilität. Kratzspuren sind auf der Oberfläche nahezu ausgeschlossen. Die einzigartige Oberflächenveredelung steht der glastypischen Abriebfestigkeit in nichts nach. Emaillierungen weisen die Vorzüge beider Ursprungsmaterialien auf: Die Festigkeit und Elastizität von Stahl mit der Härte und chemischen Widerstandsfähigkeit von Glas.

3. Schmutzabweisend, wartungsarm und pflegeleicht

Emaillierte Oberflächen laden sich nicht statisch auf, Flugstaub wird nicht angezogen. Die Emailschilder sind nahezu wartungsfrei: Wasser reicht regelmäßig zur Reinigung, im Außenbereich reinigt der Regen die Emailflächen.

4. Graffitisicher, hygienisch und hautsympathisch

Die glasharten Oberflächen von Emailschildern sind lackabweisend- chemische Stoffe lassen sich blitzschnell entfernen – für Graffittisprayer wirklich glasharte Zeiten. Emailschilder sind absolut hygienisch und hautsympathisch, die absolut geschlossene und porenfreie Oberfläche schmeichelt der Hand und Bakterien finden keinen Nährboden.

5. Langlebig, abplatzsicher und Korrosionsgeschützt

Emaillierte Produkte sind äußerst langlebig, die Oberfläche kann nur mit massiver Gewalteinwirkung zerstört werden. Die modernen Dünnschichtemaillierungen sind sehr flexibel und überzeugen schlichtweg durch Langlebigkeit. Noch heute kann jeder u.a. auf Flohmärkten vollständig erhaltene Emailschilder bewundern, deren Farbbrillanz noch nach Jahrhunderten überzeugt. Der dauerhafte Korrosionsschutz entsteht durch die porenfreie, glasglatte Oberflächen.

6. Recyclingfähig, umweltfreundlich und wirtschaftlich

Emaillierungen sind voll recyclingfähig und können umweltverträglich eingeschmolzen und wiederverwertet werden. Die benötigten Rohstoffe für die Emailschilder sind ausreichend vorrätig, Metalle und anorganische Silikate ( Sand). Bei der Herstellung werden keine Lösungsmittel verwendet, als Dispersionsmedium wir lediglich Wasser benutzt, so dass keine Belastung der Mitarbeiter und der Umwelt erfolgt. Emaillierungen überzeugen durch die besondere Langlebigkeit und auch unter dem enggeführten Aspekt des Korrosionsschutzes, der die Faszination außer acht lässt, sind Emailprodukte überaus wirtschaftlich.

Zustandbeschreibung (Klassifizierung) von Emailschildern

Zustand 0: perfekte Erhaltung
Zustand 1: kleine Schraubloch- oder Randbeschädigungen
Zustand 2: größere Rand- oder Eckschäden, kleinere einzelne Schäden im Schild
Zustand 3: mehrere Schäden im Schild, Schild kann matt sein oder Farben blass
Zustand 4: gravierende Beschädigungen, störend für den Gesamteindruck
Zustand 5: Schild bedarf umfangreicher Restauration






Alte Preisliste über Emailleschilder von 1919

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Sammeln von Emailschildern



Geschichten und Kuriositäten


Die "OPEL-Schaufel"


Die wohl originellste Interpretation alter Reklame dürfe die in Sammler-Kreisen bekannte "Opel-Schaufel" sein, die ehemals Bestandteil der Sammlung Träger war. In der Abbildung ist ein Emailschild der Fa. Opel zu erkennen, daß von seinem Besitzer in Ermangelung anderer Materialien zur Kohlenschaufel umfunktioniert wurde. Immer wieder kursieren Geschichten über zweckentfremdete Emailschilder: Der Coca-Cola Deckel aus Hühner-Tränke oder die weiße Dame als Umzäunung von Komposthaufen.


Der "Bodenfund"


Als Besitzer eines alten Bauerhofes (Lengerich in der Nähe von Osnabrück) hat man ständig etwas zu tun. Beim Umgraben eines Beetes fand ich schweißüberströmt einen Knochen, oder was kann das sonst noch so sein ? Einige Säuberungen brachten dann nur die sterblichen Überreste des links abgebildete Email-Türschilds (ca. 1930) zu Tage. Nachforschungen in der Umgebung zeigten, daß im alten Bauernhof bis ca. 1940 ein Kolonialwarenladen gewirtschaftet hatte. An diesem Laden muß an der Eingangstür wohl das abgebildete Schild befestigt gewesen sein. In der näheren Umgebund befinden sich angeblich einige wilde Müll- und Schuttkippen aus dieser Zeit. Vielleicht finden sich hier auch noch einige Reliquien.
Osnabrück, 6. März 1998


Die "Schieber"


Zigaretten-Fabrik Grathwohl, München, 1909
Nach Entwürfen der Künstler Naegele, Glatz und Kunst
Mit dem dargestellten Schieber ist eine Unterweltsperson zu verstehen, die sich im Schwarzmarkthandel betätigt.

Das oben dargestellte Emailplakat ist ein Unikat, daß die Sammler schon über zwei Jahrzehnte begeistert. Der Besitzer erwarb das Schild im Jahre 1972 (!) auf einer Auktion in München zum damals spektakulären Preis von 2500,- DM. Dieses Schild hing etwa 2 Jahrzehnte in einem bekannten West-Berliner-Lokal, der sogenannten Nolle. Das Lokal fand sich über dem legendären Berliner Flohmarkt und Antiquitäten-Zentrum im S-Bahnhof Nollendorfer Platz. Die urige Kneipe eines besonderen Stammpublikums, der Reklamesammler. Trotz zahlreicher Kaufangebote stand dieses Schild nie zur Disposition, da der Wirt seine Hauptattraktion nicht veräußern wollte. Nach dem Mauerfall wurde der S-Bahnhof wieder reaktiviert, so daß die Kneipe schließen mußte. Das Schild wurde draufhin auf einer Wiener Auktion zum Preis von ca. 24000,- DM versteigert.